Die Zukunft der energieintensiven Industrien in Deutschland

Die Zukunft der energieintensiven Industrien in Deutschland

Die Auswirkungen globaler Kostenunterschiede für erneuerbare Energien auf die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrien in Deutschland stehen im Zentrum der Analysen, die Frontier Economics derzeit gemeinsam mit IW Consult im Auftrag des Dezernat Zukunft erstellt.

Ein Zwischenbericht der Studie wurde heute veröffentlicht. Die Veröffentlichung der vollständigen Studie ist für Juni 2023 geplant.

Komparative Energie- und Transportkostenanalyse

Gegenstand des Zwischenberichts ist die Analyse internationaler Energiekosten und der Vergleich einer zukünftigen Herstellung industrieller Grundstoffe (Stahl, Aluminium, Ammoniak, HVC) in Deutschland mit den Energie- und Transportkosten eines Imports ausländischer Produkte, bzw. Vorprodukte. Später werden wir die potenziellen Auswirkungen der betrachteten Energiekostenunterschiede auf die industriellen Wertschöpfungsketten in Deutschland sowie die Kaufentscheidungen von Downstream-Abnehmern analysieren.

  • Betrachten wir die Gestehungs- und Transportkosten erneuerbarer Energien im internationalen Vergleich, können wir folgende Erkenntnisse festhalten:
  • Die volatilen Gestehungskosten für Strom (LCOE) werden ohne Berücksichtigung der Opportunitätskosten in Deutschland im Jahr 2045 bis zu doppelt so hoch sein wie diejenigen der günstigsten Vergleichsstandorte, die Gestehungskosten für Wasserstoff (LCOH) werden bis zu 65% höher sein.
  • Die zur klimaneutralen Herstellung industrieller Grundstoffe erforderliche konstante Energiezuführung hängt stark von Saisonalität der Energiequellen und Speicherkosten ab. Zwar steht Deutschland steht hier dank bestehender Speicherinfrastrukturen gut da, doch die Nachteile niedriger Volllaststunden überwiegen. Daran ändern auch die vergleichsweise günstigen Kapitalkosten in Deutschland nichts. Standorte mit hohen Volllaststunden, günstigen Speicheroptionen und geringen Kapitalkosten sind im internationalen Vergleich klar im Vorteil.
  • Wasserstoff-Importkosten in Deutschland hängen vom jeweiligen Weg (via Pipeline oder Schiff) und der Form des Wasserstoffs (purer Wasserstoff oder Wasserstoff-Derivate) ab. Bei Nutzung von purem Wasserstoff sind Schiffsimporte nicht kosteneffizient. Dies ändert sich bei direkter Nutzung von gut transportierbaren Wasserstoff-Derivaten (wie Ammoniak oder Methanol).

Auswirkung auf industrielle Wertschöpfungsketten

Betrachten wir die verschiedenen Verlagerungsszenarien für die Wertschöpfungsketten der Primärerzeugung der Grundstoffe Aluminium, High-Value-Chemicals (Olefine), Ammoniak und Stahl, stellen wir fest, dass der Kostenvorteil des Auslands mit zunehmender Verlagerung der Wertschöpfungsschritte steigt.

  • Bei Aluminium liegen die Energiekosten der heimischen Produktion etwa 80 Prozent über dem günstigsten Standort (inkl. Transport).
  • Der Energiekostenaufschlag der heimischen Produktion von High Value Chemicals/Olefinen gegenüber dem Import von Olefinen vom günstigsten Standort beträgt knapp 50 Prozent. Auch die heimische Produktion mit importiertem Zwischenprodukt (Methanol) ist ähnlich vorteilhaft. Heimische Produktion mit importiertem Wasserstoff ist nicht wettbewerbsfähig.
  • Der Kostenaufschlag in Deutschland gegenüber der ausländischen Produktion von Ammoniak beträgt circa 30 Prozent. Der Import von Ammoniak ist günstiger als die Herstellung von Ammoniak mit importiertem Wasserstoff.
  • Die vollständige Auslagerung der Rohstahlerzeugung ist im Vergleich die kosteneffizienteste Route. Allerdings beträgt der Energiekostenaufschlag der heimischen Produktion im günstigen Fall nur 25 Prozent. Die Rohstahlerzeugung mit importiertem Zwischenprodukt (DRI) ist ebenfalls mit Kostenvorteilen verbunden. Heimische Produktion mit importiertem Wasserstoff ist teurer als die „all-domestic“-Produktion (ohne Berücksichtigung von Opportunitätskosten im H2-Einsatz durch begrenzte Erzeugungspotenziale).

Vorteile heimischer Produktion

Die Vorteile heimischer Produktion (z.B. Verbundeffekte, Qualität, lokale Vernetzung) sollten mit den Energiekostennachteilen abgewogen werden. Experteninterviews und jüngste Entwicklungen deuten darauf hin, dass es zwischen vollständiger Produktionsverlagerung und unveränderter Fortführung ein breites Spektrum industrieseitiger Reaktionsmöglichkeiten gibt.

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